EU packt an: EU-Verordnung setzt endlich Maßstäbe für umweltfreundliche Verpackungen!
Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Punkte der Novellierung zusammen und werfen schon einmal einen Blick darauf, wie sich Packagings gegenwärtig verändern und wie sie sich in Zukunft möglicherweise entwickeln könnten.
Hintergrund zur neuen EU-Verpackungsverordnung
Die Basis für die neue Verpackungsverordnung bildet der ‚Green Deal‘ der EU, nach dem Europa bis spätestens 2050 klimaneutral sein soll. Als Kernelement fungiert dabei der ‚Aktionsplan Kreislaufwirtschaft‘: Bis 2030 sollen alle Verpackungen auf dem Binnenmarkt wiederverwendbar oder recycelbar gemacht werden, jedoch nicht einfach irgendwie, sondern auf wirtschaftlich tragfähige Weise.
Neue Verpackungsverordnung ersetzt alte EU-Verpackungsrichtlinie
Die vorgeschlagene EU-Verpackungsverordnung soll die EU-Verpackungsrichtlinie 94/62/EG von 1994 ersetzen und gleichzeitig das nationale Verpackungsrecht verdrängen.
Anders als die alte Richtlinie müsste die neue Verordnung nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Stattdessen wäre sie unmittelbar nach Inkrafttreten in allen EU-Mitgliedstaaten anwendbar und würde nationalen Vorschriften rund um Packagings sozusagen den Rang ablaufen.
Dies wirft natürlich die Frage auf, ob es das nationale Verpackungsgesetz dann überhaupt noch bräuchte.
Auf der einen Seite würde die neue Verpackungsverordnung zu einer Einheitlichkeit der Vorgaben für Verpackungen und Verpackungsabfälle auf EU-Ebene führen, auf der anderen Seite aber sinnvolle nationale Regelungen aushebeln, was auch ein Nachteil sein könnte, wie am Beispiel Deutschland gut zu erkennen ist:
Vergleicht man die entworfene EU-Verpackungsverordnung mit dem in der Bundesrepublik zum aktuellen Zeitpunkt schon erreichten Niveau, so liegt Erstere in einigen Punkten mit ihren Zielen zurück, beziehungsweise führt sie anspruchsvollere Anforderungen erst sehr spät ein.
In jedem Fall gilt: Sobald die neue EU-Verpackungsverordnung in Kraft tritt, müssen sich alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union daran halten.
Wir raten Unternehmen, sich am besten schon jetzt mit den zu erwartenden Vorgaben auseinanderzusetzen, um mehr Zeit zu haben, die Veränderungen in den eigenen Betrieb zu implementieren, und damit den Übergang zu strecken und zu erleichtern.
Primäre Ziele der neuen EU-Verpackungsverordnung
Grundsätzlich geht es der Kommission mit der EU-Verpackungsverordnung darum,
– Verpackungsabfälle zu verringern,
– hochwertiges Recycling zu fördern und
– den Binnenmarkt für Sekundärrohstoffe zu fördern.
Anmerkung: Was die Verringerung der Verpackungsabfälle betrifft, soll jeder Mitgliedstaat der EU das Pro-Kopf-Aufkommen an Verpackungsabfällen im Vergleich zu 2018 um
– 5 % bis 2030,
– 10 % bis 2035 und
– 15 % bis 2040
reduzieren.
Um diese Ziele zu erreichen, sieht der Vorschlag der EU-Verpackungsverordnung in erster Linie vor,
– unnötige Verpackungen einzuschränken und
– Mehrwegverpackungen zu forcieren.
Ein Blick in die Praxis: potentielle Auswirkungen der Gesetzesänderung
Im Folgenden sehen wir uns ein paar Vorgaben der vorgeschlagenen Verordnung (in Auszügen) an und gehen darauf ein, wie sie sich auf das Design von Verpackungen auswirken könnten.
Wie Mehrwegverpackungen umgesetzt werden (könnten)
In Kapitel 3, Artikel 11 der EU-Verpackungsverordnung heißt es:
„Mehrwegverpackungen müssen mit einem QR-Code oder einem anderen Datenträger versehen sein, der Zugang zu Informationen bietet, die ihre Wiederverwendung erleichtern…“
Beispiel Mineralwasserflasche: Sie wird gemäß der Verordnung von einer Einweg- in eine Mehrwegflasche umgewandelt und mit einem QR-Code versehen, über den der Konsument in Erfahrung bringen kann, wie er nach dem Genuss des Wassers mit der Flasche verfahren muss beziehungsweise was in der Folge mit ihr passieren wird. In Zukunft könnte sich auch noch das Verpackungsdesign drastisch verändern: weg von Etiketten und bunten Farben für weniger Abfall und einfacheres Recycling?
Ein aktuelles Beispiel ist der beliebte Nesquik-Kakao von Nestlé, der mittlerweile in einer praktischen Mehrwegverpackung daherkommt.
Einsatz von kompostierbaren Kunststoffen
In Kapitel 2, Artikel 8 der EU-Verpackungsverordnung heißt es:
„… Obst und Gemüse angebrachte Aufkleber… kompostierbar sein müssen…“
Beispiel Pink-Lady-Apfel: Zunächst verwandelt sich „nur“ das Material des Stickers, später vielleicht auch die Optik?
„… Kaffeekapseln… kompostierbar sein müssen…“
Auch hier verändern Hersteller von Kaffeekapseln im ersten Schritt das Material. Es gibt mittlerweile auch schon einige Kapseln, die vollständig kompostierbar sind. Bei Bio-Ausführungen ist dies grundsätzlich der Fall. Wenn wir es wagen, in die Zukunft zu schauen: Werden Kaffeekapseln irgendwann sogar komplett überflüssig?
„Andere Verpackungen… kommen für die stoffliche Verwertung in Frage.“
Beispiel Guayusa-Tee von Matchachin: Anstelle von Verbundstoffen könnte bald vermehrt auf Monomaterial gesetzt werden.
Einheitliche Kennzeichnung für eine einfachere Entsorgung
In Kapitel 3, Artikel 11 der EU-Verpackungsverordnung heißt es:
„Einheitliche Kennzeichnung auf der Verpackung zur Entsorgung… Kennzeichnung ist auch auf den Abfallbehältern zu sehen…“
Beispiel Joghurt: Bisher konnte jede Marke ihre „Tipps für die Tonne“ mehr oder weniger individuell gestalten. Im Zuge der Einführung der neuen Verordnung soll die Kennzeichnung jedoch vereinheitlicht werden, sodass sich der Verbraucher leichter tut, die Verpackung der richtigen Mülltonne zuzuordnen.
Recycling von Verpackungen
In Anhang 2, Tabelle 1 der EU-Verpackungsverordnung heißt es:
„… Kunststoffverpackungen, die im Einzelhandel zum Gruppieren von Waren… als Convenience, um Endverbrauchern den Kauf von mehr als einem Produkt zu ermöglichen oder zu ermutigen…“
Beispiel Shampoo: Gemäß der Vorgabe werden die Produkte in „Vorteilspackungen“ zunächst mit Papier oder in Kartons verbunden. Zukünftig könnte es in die Richtung gehen, eine immer wiederverwendbare Hauptflasche mit Nachfüllpacks zu koppeln.
In Artikel 7 der EU-Verpackungsverordnung heißt es:
„Ab dem 1. Januar 2030 muss der Rezyklatanteil bei berührungsempfindlichen Kunststoffverpackungen mindestens 10 %, bei allen anderen mindestens 35 % betragen… ab 1. Januar 2040 sind es bereits 50 beziehungsweise 65 %…“
Beispiel Spülmittel: Ab 2030 muss der Rezyklatanteil des Kunststoffes mindestens 35 % betragen, ab 2040 dann mindestens 65 %.
Beispiel Käsescheiben: Ab 2030 muss der Rezyklatanteil des Kunststoffes mindestens 10 % betragen, ab 2040 dann mindestens 50 %.
In Artikel 6, Absatz 7 der EU-Verpackungsverordnung heißt es:
„… Bewertung nach Leistungsstufen für die Recyclingfähigkeit…“
Die Einstufung von Produktverpackungen in verschiedene Leistungsklassen soll dazu beitragen, die stoffliche Verwertbarkeit rasch einzuschätzen.
Verbote bei der Gestaltung von Verpackungen
In Anhang 2, Tabelle 1 der EU-Verpackungsverordnung heißt es:
„… Portionspackungen werden verboten.“
Beispiel Kondensmilch: Kleine Portionspackungen, die insbesondere in Cafés und Hotels gerne zum Einsatz kommen, sind nach den neuen Vorgaben nicht mehr zugelassen, sodass in Zukunft nur noch „normale“ Verpackungseinheiten angeboten und verwendet werden dürfen.
Beispiel Tomatenketchup: Oder findet sich in Zukunft vielleicht eine Zwischenlösung mit kompakten, problemlos recycelbaren Packagings?
Weiteres Beispiel: Kleine Shampoo-Verpackungen in Hotels sind nicht mehr erlaubt
Fazit
Die neue EU-Verpackungsverordnung bringt zahlreiche Neuerungen mit sich. Zwar handelt es sich bislang nur um einen Entwurf; doch es lässt sich mit Sicherheit sagen, dass die Verordnung in absehbarer Zeit in Kraft treten wird. Wir raten Unternehmen, sich so früh wie möglich aktiv mit den Vorgaben zu beschäftigen. Gerne unterstützen wir Sie dabei, die erforderlichen Änderungen zu realisieren.