Shrinkflation – vom Kampf gegen Mogelpackungen und Verbrauchertäuschung
Weniger Inhalt zum gleichen oder gar zu einem höheren Preis: Was wie ein schlechter Scherz klingt, ist in den letzten Jahren gängige Praxis geworden. Shrinkflation nennt sich dieses Phänomen, das Lebensmittelkonzerne anwenden, um ihren Profit stabil zu halten oder zu steigern. Natürlich, in Zeiten erhöhter Lieferanten- und Produktionskosten müssen Unternehmen auch sehen, wo sie bleiben. Die Verbraucher mit einem psychologischen Trick zu täuschen, sollte jedoch nicht der Weg sein. In Frankreich gibt es dazu inzwischen eine Regelung, nach der Konsumenten offen über Mogelpackungen aufgeklärt werden müssen.
Wie Shrinkflation Verbraucher hinters Licht führt
Die Verpackung sieht aus wie immer, der Preis ist derselbe. Nur wer genau hinschaut, erkennt, dass die vormals 200 Gramm schwere Tüte nur noch 175 Gramm wiegt. Doch der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wenn er das vertraute Packaging und den bekannten Preis vor Augen hat, denkt er nicht daran, dass sich etwas verändert haben könnte. Er geht davon aus, dass alles beim Alten ist. Genau diese psychologische Komponente machen sich Unternehmen zunutze, um daraus Kapital zu schlagen – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Konzerne selbst betrachten das als notwendig und clever, Verbraucherschützer hingegen sprechen von „Betrug“ und „heimlicher Abzocke“.
Übrigens: Das Wort Shrinkflation ist ein Neologismus, der sich aus den Begriffen ’shrink‘ – englisch für „schrumpfen“ – und ‚Inflation‘ zusammensetzt.
Frankreich als Vorbild für den Verbraucherschutz
Frankreich hat bereits aktiv etwas gegen Shrinkflation unternommen. Seit dem 1. Juli 2024 sind mittelgroße und große Supermärkte mit einer Fläche von mindestens 400 Quadratmetern dazu verpflichtet, betroffene Produkte entsprechend zu kennzeichnen. Schilder sollen Verbraucher einfach und klar über das reduzierte Volumen und den damit verbundenen höheren Preis informieren – und das jeweils über einen Zeitraum von zwei Monaten ab der Markteinführung des veränderten Produktes. Danach darf das jeweilige Etikett wieder entfernt werden.
Details zur vorgeschriebenen Etikettengestaltung
Die Etiketten sind gut sicht- und lesbar entweder direkt auf den Verpackungen oder in unmittelbarer Nähe der jeweiligen Produkte anzubringen. In der Praxis wird die zweite Variante aus Effizienzgründen bevorzugt. Auf dem Schild ist anzugeben, wie sich die Menge geändert und der Preis pro Maßeinheit erhöht hat. Letzterer muss die gleiche Schriftgröße wie der Verkaufspreis auf dem herkömmlichen Preisetikett aufweisen.
Wer und was von der Regelung ausgenommen ist
Geschäfte mit einer Fläche, die kleiner als 400 Quadratmeter ist, sowie Online-Händler und Hersteller sind von der Informationspflicht ausgenommen. Überdies gilt die Regelung nicht in Bezug auf unverpackte sowie andere Lebensmittel, deren Menge variieren kann. Dazu gehören etwa Produkte aus der Feinkostabteilung.
Anmerkung: Prinzipiell ist die Regelung nicht auf Lebensmittel beschränkt. Sie schließt auch Haushaltsartikel wie Waschmittel mit ein.
Rechtlicher Rahmen für die Kennzeichnungspflicht
Die Regelung wurde am 16. April 2024 erlassen. Sie basiert vornehmlich auf Artikel L. 410-2 des ‚Code de commerce‘, sprich des französischen Handelsgesetzbuches. Dieser garantiert die Preisfreiheit, solange sie transparent gehandhabt wird. Relevant ist außerdem der Artikel L. 441-4 aus demselben Gesetzbuch. Er behandelt die Informationspflicht gegenüber den Verbrauchern mit Bezug auf Lebensmittel, die regelmäßig konsumiert werden. Zu diesen Gütern gibt es eine per Dekret festgelegte Liste.
Anmerkung: Händlern, die der Informationspflicht zuwiderhandeln, droht gemäß Artikel L. 131-5 des ‚Code de la consommation‘, also des französischen Verbraucherschutzgesetzes, eine Geldbuße von bis zu 15.000 Euro.
Offenheit: essenzielle Basis für zufriedene Kunden
Shrinkflation ist nicht das einzige Instrument, mit dem Hersteller Verbraucher bewusst täuschen, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Es gibt auch noch andere Methoden, beispielsweise das sogenannte Greenwashing. Dieses ist inzwischen glücklicherweise durch die Green-Claims-Richtlinie der EU reguliert. Doch unabhängig davon, wie Brands Konsumenten in die Irre führen wollen: Jeder Versuch ist im Endeffekt zum Scheitern verurteilt und kann den Ruf des jeweiligen Unternehmens nachhaltig schädigen – gerade im Zeitalter von Social Media.
Warum also nicht einfach die entgegengesetzte Richtung ansteuern und sich durch Offenheit profilieren? Der moderne, informierte Verbraucher weiß Ehrlichkeit zu schätzen und belohnt entsprechende Brands mit seiner Treue und möglicherweise auch mit Weiterempfehlungen, die wiederum Neukunden bringen können. Beim Beobachten des Marktes kristallisiert sich immer stärker heraus, dass sich letzten Endes die Unternehmen durchsetzen und behaupten, die ihre Marken von Anfang an transparent aufbauen.
Transparenz als Chance für Lebensmittelhändler
Das, was wir eben über transparent agierende Marken sagten, lässt sich in ähnlicher Weise auch auf Händler übertragen: Indem sich diese den Konsumenten gegenüber offen und ehrlich präsentieren, stärken sie deren Vertrauen in das eigene Unternehmen nachhaltig. Das beste Beispiel dafür ist Carrefour. Die französische Einzel- und Großhandelskette hat bereits im September 2023 von sich aus begonnen, mit orangefarbenen Schildern auf Shrinkflation-Produkte hinzuweisen, also noch deutlich vor dem Erlass und Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung im Land.